Im ganzen Haus hing an zahlreichen Stellen der alte Lehmputz lose an den Wänden, weil fast überall mit falschen Farben gestrichen worden war, die den Lehm nicht atmen ließen, oder weil drei-, vier- und fünffach tapeziert worden war.
Was blieb uns übrig als alles herunterzureißen. Zunächst ganz korrekt, indem wir die Tapeten abgeschält haben, aber irgendwann wurde das zuviel und wir haben einfach den Putz abgekratzt mit allem drauf. Die losen Stellen zuerst, aber nach und nach packte mich nicht nur der Ehrgeiz, ich wurde geradezu besessen davon, alles zu entfernen, was nach altem Putz aussah, damit ganz neu wieder aufgebaut werden konnte.
Hier und da taten wir des Guten zuviel und uns fielen halbe Wände entgegen. Egal, weitermachen.
Zu Ostern 2015 kamen die Verputzer, und ich war immer noch mit letzten Kleinigkeiten beschäftigt. Vor allem die blau gestrichene Rauhfasertapete brachte mich zum Wahnsinn, sie klebte überall und weigerte sich strikt, vernichtet zu werden. Bis heute sehe ich klitzekleine Fitzelchen in Ecken, in die sonst zum Glück keiner gucken kann.
Ende 2016 dann begannen die Schmerzen im linken Oberarm (ich bin Linkshänder und hatte die ganze Arbeite mit einer kleinen Spachtel und überwiegend mit links erledigt; nur wenn es gar nicht weiterging, habe ich auch mal die Hand gewechselt). Mäntel an- und ausziehen, den Sicherheitsgurt anlegen, in der Straßenbahn stehen und beim Bremsen nach vorn geschubst zu werden, so dass der Arm am Haltegriff nach hinten gerissen wurde – ein Alptraum. Arzt und Physiotherapeutin haben mir dann bestätigt, dass solche Schmerzen auch nach Jahren entstehen können, wenn man lange Zeit dieselben Routinebewegungen ausgeführt hat. Ich leide mit allen Kassiererinnen, die immer mit der gleichen eintönigen Bewegung die Einkäufe über das Registrierband ziehen! Und für mich war das ja lediglich eine Freizeitbeschäftigung in überschaubarem Zeitrahmen.
Mehr über die Verputzer dann in einem der nächsten „Körper“-Beiträge.