Und plötzlich ist die Welt wieder bunt

Heute ist der erste Tag im Jahr, der sich wirklich wie Frühling anfühlt. Verstärkt wird das Gefühl dadurch, dass wir unseren ersten Impftermin haben.

Nächste Woche ist es soweit, und alles fühlt sich auf einmal wieder leicht an. Durchführbar. Lohnenswert. Die Lethargie wie weggeblasen. Pläne machen, an Verreisen denken, Dinner zu zweit irgendwo auf einer schönen Terrasse, an einem Seeufer, mit Silberbesteck und Kristallgläsern. Oder Flammkuchen auf einem Holzbrett, in Straßburg direkt am Kanal, wie seinerzeit im Oktober 2011.

Ich bin ja mehr so der Typ Projektarbeiter. Mit einem Ziel vor Augen, einem zeitlich eingegrenzten, schaffe ich die verrücktesten Dinge. Deshalb ist Corona ja so schwer, vermutlich für die meisten von uns: es gab halt keine zeitliche Eingrenzung. Wenn ich weiß, in fünf Jahren ist die Renovierung abgeschlossen, dann kann ich immer weiter daran arbeiten, auch wenn es zwischendurch Hindernisse gibt. Irgendwo kommt immer wieder die Energie für das nächste Teilprojekt her.

Corona schob alles ins Ungewisse. Pläne machen? Wofür? Fensterputzen? Sieht eh keiner. Die Terrasse neu bepflanzen? Der nächste Frost kommt bestimmt. Und auch jetzt bleibt das schöne Wetter nicht. Morgen droht ein Sturmtief, und ich begebe mich auf eine Reise. Aber mit dem Termin für nächste Woche im Kopf lässt sich alles aushalten. Sicher interpretiere ich da zuviel rein, das tue ich ja meistens, aber ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass die Euphorie zu mir gehört wie die Rückschläge. Zurückschauen ist nicht mein Ding. Erinnerungen taugen für mich nur, insofern sie mir Kraft für neue Schritte geben, nicht, um mich darin zu verlieren und der Vergangenheit nachzutrauern.

Ein paar bildliche Erinnerungen an schöne Dinners zu zweit. Das Fenster meines Dachstübchens, in dem ich sitze und diesen Text schreibe, steht offen, die Amsel singt auf dem Dach gegenüber, der Abend ist mild und die Stimmung gelassen bis heiter.