Schalke ist abgestiegen, was mich dazu veranlasst hat, meinem lieben Freund und früheren Kollegen V. mein Mitgefühl auszudrücken. Die Fußballwochenenden waren ewig Thema im Büro, regelmäßig reiste er zu den Auswärtsspielen, um neue Städte kennenzulernen. 2016 legte er seinen kompletten Jahresurlaub in den EM-Sommer und fuhr kreuz und quer durch Frankreich – eine akribische Planung ging dem voraus, immer in enger Absprache mit seinen Freunden, die ihn auf dieser Tour de France begleiteten. Bei dem legendären Spiel Island gegen England stand er im Block der Isländer, die ihren unerwarteten Sieg über den Favoriten mit wilden Gesängen begleiteten; irgendwo habe ich noch ein kleines Video von diesem Ereignis, das er mir damals geschickt hatte.
Derzeit sind die Nachrichten voll von Berichten und Beiträgen zur Super League, die nach dem Rückzug der englischen Teams nun doch eingestampft wird: Horden von Fußballfans, die gegen diesen Irrsinn protestierten. Und allerorten lese ich davon, wie begierig die Menschen darauf sind, zur Normalität vor Corona zurückzukehren.
Ich kann mir das nicht vorstellen. Nun war ich nie ein großer Fußballfan, das heißt, von dem Spiel schon, nicht aber von einem bestimmten Verein. Aber wieder zur Normalität voller Stadien zurück? Wildfremde Menschen umarmen, denen man im wirklichen Leben nicht mal die Uhrzeit sagen würde, wie mein Freund R. das immer so plastisch ausgedrückt hat?
Natürlich würde ich gerne nochmal ins Stadion gehen und ein Springsteen-Konzert erleben, aber selbst da war ich immer auf Abstand bedacht, um möglichst wenig von der Show zu verpassen. Mich zieht es gar nicht mehr zu solchen Menschenmassen, ich habe mich gut eingerichtet in dieser Freiheit auf Armeslänge. Näher muss mir niemand kommen. Händeschütteln? Ist vielleicht auch überschätzt. Nähe, Umarmungen, gerne mit wirklich engen Freunden und der Familie.
V. nimmt es übrigens gelassen und freut sich auf Begegnungen mit anderen Teams; wenn der HSV diese Saison wieder nicht aufsteigt, trifft er ja zumindest hier auf einen alten Bekannten. Ob er aber zu den Auswärtsspielen gegen Vereine wie Aue, Braunschweig oder Düsseldorf reisen kann? Man weiß es noch nicht.