Tag 47

Und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: ich habe eine Terminkollision. Morgen kommen die Büromöbel für Bad Orb, und nun will der Schreiner am selben Tag unsere Tür für Steinau zurückbringen. Ich habe geistesgegenwärtig reagiert und den Schreiner auf Donnerstag vertröstet.

Seit Wochen gehen die Tage gemächlich einher, und dann sowas. Darauf ist man ja überhaupt nicht mehr vorbereitet. Dabei könnte es nun tatsächlich weiterhin Schlag auf Schlag gehen: verschiedene Bundesländer machen bereits Ankündigungen, was die Lockerungen für die Gastronomie betrifft, Hygienekonzept vorausgesetzt. Morgen wird es wohl die nächste Pressekonferenz mit der Kanzlerin geben. Ich sollte ein Hygienekonzept erstellen.

Wie könnte so etwas bei uns konkret aussehen? Schwarzgelbe Bänder im Abstand von 1,50m auf den Boden kleben, als Handreichung (besser: Fußreichung) für die Gäste? Vielleicht gleich zusätzlich ein schwarzgelbes Band an unsere berüchtigte Stufe zwischen Tisch 7 und Tisch 8, wo immer wieder mal Gäste stolpern, obwohl wir bereits „Vorsicht, Stufe“-Beschilderungen angebracht haben? Die Terrasse haben wir bislang nur zur Hälfte aufgebaut, wir könnten den dritten Tisch dazustellen und den vierten ganz weglassen, dann ist mehr als genug Abstand. Im Café Tisch 2 herausnehmen und die übrigen großzügig verteilen; die drei Tische im Salon sind ohnehin weit genug voneinander entfernt.

Der größte Abstandssaboteur sind wir allerdings selbst, wenn wir zu jedem Tisch gehen und servieren, immer mit Mundschutz natürlich. Ich werde Handschuhe tragen müssen beim Kuchenschneiden. Zusätzlich zur Seife Desinfektionsmittel an die Spüle, was bislang nur für die Küche erforderlich war. Desinfektionsspender auch in die Gästetoiletten. Der Lesungsraum bleibt sicherlich bis auf weiteres geschlossen, obwohl ich noch immer hoffe, dass ich die beiden für August geplanten Veranstaltungen durchführen kann.

Insgesamt bleiben Zweifel. Die Entscheidung, hereinzukommen und nachzusehen, ob es überhaupt Platz gibt, muss ja bereits vor der Tür getroffen werden, von wo aus nicht erkennbar ist, wieviele Personen im Lokal sind. Und unsere Eingangstreppe war für viele schon in normalen Zeiten eher abschreckend. Wir müssten uns in der Tür postieren und Signale geben. Unseren Aufsteller beschriften: „Bitte warten Sie hier, bis Sie zum Eintreten aufgefordert werden.“ Nein, dazu habe ich wahrhaftig nicht viel Lust. Und auch nicht dazu, maskiert vor meine Gäste zu treten, schließlich sind wir das Gesicht des Cafés; das ist ja etwas ganz anderes als im Supermarkt.

Auf jeden Fall werde ich nichts überstürzen, was haben wir schon zu verlieren?

„Better than the waiting, baby better off is the search“ – Bruce Springsteen, „The Iceman“