Tag 43

Heute ist der 1. Mai und Feiertag, wovon wir natürlich überhaupt nichts spüren, weil wir keinen Grund haben einzukaufen. Mein Traum letzte Nacht ging so, dass wir für den Cafébetrieb gebacken hatten und beschlossen, den Kuchen außer Haus zu verkaufen, weil doch bestimmt eine Menge Leute vorbeikommen würden, denen der Sinn  nach Kuchen stünde.

Beim Aufwachen festgestellt, wie vollkommen unlogisch dieser Traum war, denn wer sollte vorbeikommen? Touristen kaufen keinen Kuchen zum Mitnehmen und setzen sich dann irgendwo auf eine Bank, um ihn zu verzehren. Ortsansässige kamen zwar auch in der Vergangenheit immer wieder mal, um Kuchen mitzunehmen, aber der logistische Aufwand, den wir nun betreiben müssten, steht in keinem Verhältnis zur zu erwartenden Menge.

1. Mai 2011

Maiwanderung mit Stammtisch

Ein langes Telefonat mit den Eltern, die sich Sorgen machen und das Tagebuch gar nicht mehr lesen mögen, aus lauter Mitleid. Niemand muss sich um uns Sorgen machen. Dieses Tagebuch gibt meine ganz persönlichen Stimmungsschwankungen wieder, und da ich mich nun mal entschlossen habe, diese Schwankungen in den öffentlichen Raum zu tragen, muss ich auch selbst damit klarkommen. Es ist nun einfach mal so, dass wir das Café ja haben, und nun ist es geschlossen. Hätten wir es nicht, würde ich neue Betätigungsfelder auftun. Reisen, lesen, schreiben, neue Hobbys pflegen. Da aber auch Reisen derzeit nicht möglich sind, da eigentlich alles, was wir alternativ tun könnten, genau das wäre, eine Alternative, können wir es genauso gut lassen. Und das ist es, was mir derzeit ab und zu die Stimmung verhagelt. Nicht das Nichtstun an sich, sondern das Nichtstun als Alternative zu unserem Lebensinhalt, das macht mich ein bisschen unglücklich. Aber nicht dauernd, und gerade jetzt zum Beispiel überhaupt nicht. Ich bin kreuzfidel und freue mich auf einen angekündigten langen Brief.

„Well, I’m just a lonely acrobat, the live wire is my trade“ – Bruce Springsteen, „Mary Queen of Arkansas“