„Meine kleine Großmutter…

1E742987-9CB7-4792-913D-F8A766897535… & Mr. Thursday oder Die Erfindung der Erinnerung“. Was für ein Titel! Und was für ein Abend, letzten Donnerstag, an dem Tanja Langer aus Berlin angereist war, um bei uns zu lesen! Sie ist nicht nur eine großartige Schriftstellerin, sondern auch eine fantastische Erzählerin, die mühelos ihre ganze Umgebung in ihre Lesung mit einbezieht, Kleinigkeiten wahrnimmt und sofort wieder eine Geschichte daraus spinnt. Der blaue Teppich unter unserem Schreibtisch passte daher wie gemalt zu dem persischen Teppich, der in ihrem neuen Roman mit dem oben angeführten Titel eine enorm wichtige Rolle spielt. Der Teppich liegt aber immer da, wir haben ihn nicht anlässlich der Lesung ausgelegt.

Ihr Stil ist überbordend, voller Phantasie, verliert aber nie den Faden. Es gibt eine Szene in dem Buch, in der geht es ums Waschen und Schäumen, um eine irrwitzige Verbindung der Begriffe Schaum und Scham, die sich nur durch das Weglassen eines kleinen u unterscheiden, und am Ende dieser Szene ging ein hörbares Aufatmen durch den Raum, es war mit Händen zu greifen, wie die Zuhörer zuvor den Atem angehalten hatten.

7B7AEB81-BEC3-4F18-8FB0-72B37DA06D19Tanja Langer schreibt immer so. Das als stream of consciousness zu beschreiben, greift viel zu kurz, es ist ein konzentriertes Mäandern, das immer wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrt, ohne den Leser (oder Zuhörer) zu verlieren. Sie verarbeitet alles, was ihr im Leben begegnet, zu Geschichten, bei denen immer eine persönliche Erinnerung oder Leidenschaft fiktionalisiert und auf eine andere Ebene gehoben wird.

Und wieder einmal erfüllte sich mein Traum der Alten Apotheke als Begegnungsstätte, denn am frühen Nachmittag stand plötzlich ihre Tante im Café, die im neuen Buch eine wichtige Rolle spielt und ihre Nichte überraschen wollte, was dann beinahe noch schiefgegangen wäre, weil verschiedene Staus das pünktliche Eintreffen plötzlich in Zweifel zogen, doch als kurz vor sechs ein Ehepaar bei uns einkehrte, das im selben Stau gestanden hatte, waren wir wieder guten Mutes, und siehe da, schließlich kamen sie doch, Tanja und ihr Mann, und der Abend konnte beginnen.

Dass er dann nach der Lesung noch lange nicht zu Ende war und sich bei einigen Gläsern rotem Gascogner von Proust über Stendhal bis Mme de Sévigné und Rabelais dehnte, das ist eine andere Geschichte, die zu einem anderen Zeitpunkt erzählt werden soll. Vielleicht.

Liebe Tanja, danke für alles, für die Bücher, die Widmungen und deine unfassbare Präsenz! Ich glaube, Dieter und Frau von Dieter wären zu gern dabeigewesen. Bis ganz bald mal wieder, wir freuen uns drauf!

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