Dass wir beide unseren Traum vom eigenen Lokal nie aufgegeben haben, ja, dass wir uns überhaupt gefunden haben, Hans und ich, verdankt sich nicht zuletzt einem großen Gastronomen, Philosophen und Humanisten aus Heidelberg.
1989 begann ich dort meine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Restaurant Zum Güldenen Schaf und Hotel Diana, beide im Besitz von Karl-Harald Kischka, der möglicherweise die Erlebnisgastronomie erfunden hat.
Im Güldenen Schaf zelebrierte er mittelalterliche Feste und romantische Feiern für große und kleine Gruppen; er sammelte historische Druckerzeugnisse und Instrumente und wusste diese auch zu spielen. Er bemalte die Restauranttische, die Türen und Wände mit Bildern und Grafiken, die entfernt an Wilhelm Busch erinnerten, er entwarf Tischsets mit comichaften kleinen Geschichten und entwickelte unermüdlich neue Ideen für seine Gäste. Die Geschichte der Kurpfalz kannte er bis ins Detail und wurde nicht müde, davon zu berichten.
Hans war schon lange vor meiner Zeit auch dort der unverzichtbare Handwerker, der die Schießanlage in Ordnung hielt, sich um die Funktionsfähigkeit der Armbrüste kümmerte und daneben den Tresen bediente. 1988 erlebte er ein ganz besonderes Highlight:


Unvergessen die Abende im Manessesaal, wenn die Auszubildenden nicht nur für das leibliche Wohl der Gäste zu sorgen hatten, sondern das Fest auch musikalisch begleiteten. Ein Potpourri alter Burschenschaftslieder beim Auftragen des Hauptgangs und eines von Abschiedsliedern zum Ausklang brachte uns damals einen zweifelhaften Ruhm ein, als wir in Villingen-Schwenningen die Berufsschule besuchten und auf dem Weg zur und von der Schule lauthals die Lieder übten.
Bis heute träumt Hans davon, dass das eine der beiden existierenden Originale der Manessehandschrift, das sich in Dr. Kischkas Besitz befand, seinen Weg in unsere Café-Bibliothek findet, aber ich fürchte, da macht meine Versicherung nicht mit.
Vergangene Woche ist Karl-Harald Kischka gestorben, und seither kreisen soviele Erinnerungen und Anekdoten durch mein Gehirn, dass ich die alten Fotoalben heraussuchen und diesen Beitrag verfassen musste. Dazu kommt eine gewisse Wehmut, wenn ich an all die Menschen denke, die damals unseren Weg gekreuzt haben und schon so lange aus unserem Leben wieder verschwunden sind.
Einige sind immer noch bei uns, ihr wisst, wer ihr seid, und ich bin dankbar, dass unsere Freundschaft überdauert hat.