Auch eines der Bücher, die mich auf Reisen geschickt haben, obwohl ich mich, je länger es dauerte, immer mehr durchgequält habe. Woran das lag, wurde mir erst klar, als ich mich meiner Lehren aus Schreibbüchern entsann: der Held ist zu passiv.
Eine gute Geschichte hat
- Einen Protagonisten
- Einen Gegenspieler
- Ein Ziel, um das beide kämpfen
- Weitere Figuren, die sich um Protagonist und Antagonist gruppieren und bestimmte Funktionen erfüllen
Damit sage ich wahrscheinlich niemandem etwas Neues, aber schaden kann es auch nicht, sich gelegentlich daran zu erinnern. Bestes Beispiel, und Hauptgrund, warum es so perfekt funktioniert, ist das Megawerk Herr der Ringe. Es gibt einen Helden, der das Ziel verfolgt, den Ring zurückzuerobern, gegen alle Widerstände, und er sammelt auf seiner Reise jede Menge „Gefährten“ um sich.
Der Held der Kathedrale des Meeres (Autor: Ildefonso Falcones) hingegen ist eine vollkommen passive Figur, der alles geschieht, statt dass sie selbst aktiv wird. Und das ist nett, das ist freundlich, macht viel, viel Spaß beim Lesen, aber gleichzeitig ist es auch extrem unbefriedigend.
Der Held begegnet laufend Menschen, die es vollkommen grundlos gut mit ihm meinen. Auf diese Art findet er eine Beschäftigung, ein Haus, eine Frau, baut an der Kathedrale mit, macht einen Haufen Geld – aber er kämpft nicht. Würde er nicht so vielen Wohltätern begegnen, wäre er die langweiligste Person, die man sich vorstellen kann. Ihm passieren auch jede Menge schrecklicher Dinge, die Mutter geschändet, die Frau stirbt, schlimme Sachen, aber weil gleich im nächsten Moment wieder ein Wohltäter um die Ecke kommt, lässt einen das seltsam kalt.
Ich habe in einer Leserkritik gelesen, dass allein auf einer Seite siebzehn Mal das Wort Lächeln in unterschiedlichen Formen und Tempi gebraucht wurde, und musste sehr lachen, weil mich das ebenfalls gestört hat.
Nichtsdestotrotz habe ich endlich wegen dieses Buches eine lange erträumte Reise nach Barcelona verwirklicht und habe mir die Kathedrale angesehen, Santa María del Mar, und sie ist tatsächlich eine Reise wert. Nicht zuletzt, weil gleich um die Ecke das Picasso-Museum liegt.