Hoher Besuch

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Foto von Hanswerner Kruse

Das war ein ganz besonderer, unvergesslicher Tag, der 11. April 2015. Der Tag, als Hellmuth Karasek unsere Baustelle besuchte.

Der Anlass war das 40. Jubiläum der Deutschen Märchenstraße, und er war als Festredner eingeladen. Durch guten Kontakt zum Bürgermeister von Steinau erhielten wir eine besondere Einladung, und ich konnte während der Veranstaltung neben Professor Karasek in der ersten Reihe sitzen. Wir hatten uns fest vorgenommen, ihn in unser Café zu entführen, das ja damals noch extrem weit von der Fertigstellung oder gar Eröffnung entfernt war. Nichtsdestotrotz, eine solche Gelegenheit kann man sich nicht entgehen lassen, und wie recht wir hatten, kam sie doch leider nicht wieder.

Der Festakt war sehr gediegen, bis der Professor die Bühne bestieg, in seinen Papieren blätterte, die Brille hin- und herschob, von seinen Lieblingsmärchen berichtete und einige seiner berühmten Witze erzählte. Nein, ich habe mich auch nicht entblödet, ihn um ein Autogramm auf seiner Einladung zu bitten, wusste ich doch nicht, ob die Entführung wirklich gelingen würde.

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Während die übrigen Redner ihre Vorträge hielten, hatte ich Gelegenheit, ihn ein bisschen aufzuklären über das, was wir mit ihm vorhatten, und er erklärte sich neugierig einverstanden.

Beim anschließenden Büffet im Rathaus wurde er allseits belagert von Autogramm- und Selfiejägern und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu. „Herr Professor Karasek, wenn Sie gehen wollen, gehen wir“, sagte ich, und er stand auf, froh, dem Rummel entfliehen zu können.

Begleitet wurden wir von Hanswerner Kruse, der für die Fuldaer Zeitung gekommen war und einen kleinen Artikel über uns gebracht hat.

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Wir hatten so einen schönen Nachmittag, bei Kaffee und Kuchen, wunderbaren Gesprächen und einer kleinen Hausführung. Ich habe genau erklärt, was wir wo wie gestalten wollen, und als ich ihm erläuterte, dass ich die „Ansicht von Delft“ in meinen Proust-Salon hängen wollte, wusste er sofort, wovon ich spreche. Das war ein Gänsehautmoment, der nicht vergeht.

Besonders gefallen hat ihm auch unsere Idee mit dem Lesungsraum und er beschloss umgehend, zur Eröffnung oder zu einem anderen Anlass wiederzukommen und etwas vorzutragen.

Im September desselben Jahres ist er verstorben, und ich habe lange gebraucht, um mich davon zu erholen. Heute hängt ein Ausschnitt des Fotos unten im Café, und ich finde, es zeigt ganz deutlich, wie wohl er sich bei uns gefühlt hat, trotz Staub und Bauatmosphäre.

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Foto von Hanswerner Kruse