Ausflug in die Kindheit

Ostermontag waren wir in der Praforst. Das ist zunächst mal keine Ortsbeschreibung, sondern ein Satz, der meine Seele berührt. Ein Ort, der soviele Kindheitserinnerungen wachruft, dass mir das Herz überläuft.

Die Praforst ist eine Waldgaststätte und soviel mehr als das. Sie liegt ganz in der Nähe des Dörfchens, in dem meine Großeltern gelebt haben, als ich klein war, und wann immer wir sie besuchten, hieß es, heute gehn wir in die Praforst. Das hieß dann Mittagessen, auf dem Spielplatz toben, lange Waldspaziergänge machen, mit den Cousins und Cousinen spielen. Es war aber eben auch eine Chiffre für die Großeltern und alles, was damit verknüpft ist. Halma und Kniffel und Domino spielen. Tante Marie besuchen, die eigentlich eine Großtante war und im Haus schräg gegenüber wohnte, was mir aber damals ein viel längerer Weg zu sein schien. Ostereierwerfen.

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Es hieß, bei Oma zu sitzen, die Gedichte rezitierte und vom Maikäfer sang. Es hieß Streuselkuchen essen, der durchs Haus duftete, und im Garten auf Hüpfbällen herumhopsen. Einmal hieß es auch Notarzt, Tränen, Blut und eine Narbe auf der Stirn, weil ich auf dem frisch gebohnerten Flur ausgerutscht und gegen ein kleines Schränkchen geknallt war.

Später zogen die Großeltern um in den Nachbarort, und von dem Zauber der frühen Jahre ging vieles verloren, auch weil wir selbst inzwischen weiter weg gezogen waren und nicht mehr so oft einfach mal sonntags zum Mittagessen hinfahren konnten. Aber so ist das wohl mit den Schatzkästchen der Kindheit. Sie umfassen eine sehr kurze Zeitspanne mit so vielen Perlen, dass sie für ein ganzes Leben reichen.

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Das ist sie also, die Praforst. Ich habe mich gefreut, auch heute wieder viele Familien mit Kindern und Enkeln dort zu sehen, die später vielleicht gern daran zurückdenken, wenn es sonntags hieß, heute gehn wir in die Praforst.